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Referentenentwurf - Änderung Hinzuverdienstgrenzen

Stellungnahme zum Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales: Entwurf eines Achten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze – Auszug: Hinzuverdienst im SGB VI

1 Zusammenfassung des Gesetzentwurfs

Der Entwurf eines Achten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze sieht eine Entfristung der Anhebung der Hinzuverdienstgrenze bei vorgezogenen Altersrenten vor, sowie eine Anpassung der Hinzuverdienstgrenzen bei Erwerbsminderungsrenten. Im Rahmen der COVID19Pandemie ist die Hinzuverdienstgrenze bei vorgezogenen Altersrenten von 6.300 Euro auf zuletzt 46.060 Euro im Jahr angehoben worden. Dieser Grenzwert soll verstetigt und ab dem 1. Januar 2023 dynamisiert ausgestaltet werden. Daran angelehnt werden auch die Hinzuverdienstgrenzen bei Erwerbsminderungsrenten deutlich angehoben und jährlich dynamisiert. Dabei handelt es sich um eine Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag. 

Zukünftig soll bei vorgezogenen Altersrenten ein jährlicher Hinzuverdienst in Höhe der 14fachen monatlichen Bezugsgrößeanrechnungsfrei bleiben. 1 Im Jahr 2022 beträgt die monatliche Bezugsgröße 3.290 Euro; das 14fache ergibt einen Betrag von 46.060 Euro im Jahr. Die Bezugsgröße für das Jahr 2023 muss spätestens im Herbst 2022 festgelegt werden. Bei einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gilt eine Hinzuverdienstgrenze in Höhe von sechs Achtel der für vorgezogene Altersrenten geltenden Hinzuverdienstgrenze (angelehnt an ein Restleistungsvermögen von unter sechs Stunden täglich).

Bei einer Rente wegen voller Erwerbsminderung gilt entsprechend eine Hinzuverdienstgrenze von drei Achtel der für vorgezogene Altersrenten geltenden Hinzuverdienstgrenze (angelehnt an ein eingeschränktes Leistungsvermögen von unter drei Stunden täglich). Diese entsprechen im Jahr 2022 einer Hinzuverdienstgrenze von 17.272,50 Euro bei einer vollen Erwerbsminderungsrente und 34.545 Euro bei dem Bezug einer teilweisen Erwerbsminderungsrente. Durch die Anlehnung an die Bezugsgröße im Sinne der Vorschriften für die Sozialversicherung nach § 18 SGB IV wird die Hinzuverdienstgrenze dynamisch ausgestaltet und an die Lohnentwicklung gekoppelt.

2 Gesamtbewertung

Ziel des Gesetzentwurfs ist es, den parallelen Bezug von Erwerbseinkommen und vorgezogener Altersrente flexibler zu gestalten, damit attraktiver zu machen und dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.Aus Sicht des SoVD kann dies mit der vorgesehenen Regelung erreicht werden. Es wird nun deutlich attraktiver, auch bei vorgezogenem Rentenbezug einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, da von dem erworbenen Einkommen mehr anrechnungsfrei bleibt und erst ab der Hinzuverdienstgrenze eine Verrechnung mit der Rente erfolgt. Mit Erreichen der Regelaltersgrenze entfällt die Hinzuverdienstgrenze komplett. Die Regelaltersgrenze steigt aktuell schrittweise vom 65. auf das 67. Lebensjahr an. Im Jahr 2022 liegt sie bei 65 Jahren und 11 Monaten. Für Jahrgänge ab 1964 gilt eine Regelaltersgrenze von 67 Jahren.

Wer kann überhaupt vorzeitig in Rente gehen? Das betrifft diejenigen, die mindestens 35 Versicherungsjahre (Altersrente für langjährig Versicherte) oder 45 Arbeitsjahre (Altersrente für besonders langjährig Versicherte) vorweisen können, sowie diejenigen, die die Voraussetzung für eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen erfüllen. Bei der Altersrente für langjährig Versicherte und für schwerbehinderte Menschen ist ein vorzeitiger Rentenbezug jedoch mit Abschlägen behaftet, die für die gesamte Dauer des Rentenbezugs und auch für eine eventuell anschließende Hinterbliebenenrente gelten.

Den Betroffenen muss daher bewusst sein, dass sie zwar während des parallelen Bezugs einer Altersrente und eines Erwerbseinkommens deutlich mehr Geld zur Verfügung haben, sobald dieses Erwerbseinkommen jedoch wegfällt dauerhaft eine Rente mit Abschlägen erhalten, was sogar dazu führen kann, dass sie in den Grundsicherungsbezug fallen.Aus Sicht des SoVD ist daher anlässlich der Rentenantragsstellung von einem erheblichen Beratungsbedarf auszugehen. Wer nach 45 Arbeitsjahren eine Rente für besonders langjährig Versicherte erhält, muss keine Abschläge in Kauf nehmen.

Die Anhebung und Dynamisierung der Hinzuverdienstgrenzen führt zu Mehrausgaben in der gesetzlichen Rentenversicherung, die umso höher ausfallen, je mehr Versicherte ihren Rentenbeginn wegen der höheren Grenzwerte vorverlegen. Die genauen Mehrkosten werden im Gesetzentwurf nicht beziffert, da das Verhalten der Versicherten nicht abschätzbar sei. Mehrkosten entstünden dann insbesondere bei den Versicherten, die ohne Abschläge vorzeitig in Rente gehen können. Bei den Versicherten mit Abschlägen werden sich die Kosten durch die abschlagsbedingte Minderung der Rente im Laufe des Rentenbezugs weitgehend ausgleichen; insofern fallen lediglich Vorfinanzierungskosten an.

Die Anpassung der Hinzuverdienstregelungen bei Erwerbsminderungsrenten wird vom SoVD begrüßt.Viele Erwerbsminderungsrenten sind so niedrig, dass die Betroffenen häufig nicht wissen, wie sie über die Runden kommen sollen und daher trotz Erkrankung einer Erwerbstätigkeit nachgehen müssen. Das ist dem SoVD von seiner Mitgliedschaft schon vor der hohen Inflation regelmäßig gespiegelt worden. Die Situation hat sich mit den enormen Preissteigerungen für viele noch weiter verschärft. Insofern kann eine Anhebung der Hinzuverdienstgrenze die Lebensumstände vieler Erwerbsminderungsrentner*innen – sofern sie denn gesundheitlich überhaupt in der Lage sind, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen – erleichtern. Die neuen Hinzuverdienstgrenzen können zusätzlich einen Arbeitsanreiz setzen und damit eine Brücke in die Wiedereingliederung in Arbeit sein.

Im Begründungsteil des Gesetzentwurfs ist angedeutet worden, dass es mit höheren Hinzuverdienstgrenzen auch zu einer möglichen Überprüfung des Grundanspruches einer vollen bzw. teilweisen Erwerbsminderungsrente kommen kann. Eine solche Überprüfung dürfte jedoch regelmäßig nicht erforderlich sein, wenn das gestiegene Einkommen des*der Rentners*in der alleinige Grund für die erneute Prüfung der Anspruchsberechtigung wäre und der Hinzuverdienst die neuen Grenzwerte nicht übersteigt.

Besonders zu begrüßen ist darüber hinaus, dass zukünftig nur noch versicherungspflichtige Sozialleistungen als Einkommen berücksichtigt werden. Damit wird beispielsweise das Mutterschaftsgeld nicht mehr als Einkommen angerechnet, 

was in dieser sensiblen Phase der Schwangerschaft und Frühelternschaft zu mehr finanzieller Sicherheit und damit zu einer guten Gesundheit der Familie beitragen kann.

DER BUNDESVORSTAND
Abteilung Sozialpolitik